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Interview mit Rafael Haigermoser

Die Bundesjugendvertretung (BJV) ist die gesetzliche Interessensvertretung aller Kinder und Jugendlichen in Österreich. Damit vertritt sie rund drei Millionen Menschen bis 30 Jahre. Seit mehr als 20 Jahren setzt sie sich für die vielfältigen Anliegen junger Menschen ein. In einem Interview antwortet das Vorstandsmitglied der BJV Rafael Haigermoser auf viele spannende Fragen, zum Beispiel wie sich junge Menschen die Arbeitswelt vorstellen und welche Qualifikationen und Kompetenzen der Jugend wichtig sind.

Bundes Jugend Vertretung: Interview mit Rafael Haigermoser
Foto: BJV_Kundrat

Das Europäische Jahr der Kompetenzen stellt Fähigkeiten in den Mittelpunkt, die benötigt werden, um den grünen und digitalen Wandel erfolgreich zu meistern. Der Erwerb von Qualifikationen und Kompetenzen ist wichtiger denn je. Was denken junge Menschen über ihre Zukunft? Welche Qualifikationen und Kompetenzen sind wichtig?

Junge Menschen sehen sich derzeit mit einer Vielzahl von Herausforderungen konfrontiert, die durch verschiedene Krisen und Belastungen auf nationaler und globaler Ebene entstehen. Diese Faktoren führen oft dazu, dass junge Menschen die Zukunft pessimistischer betrachten und Zukunftsängste entwickeln, da sie viele Probleme erkennen, aber oft zu wenige Lösungen sehen. Dabei spielen Themen wie die Klimakrise, soziale Ungleichheit, der Zustand des Pflegesektors und die psychische Gesundheit eine besonders große Rolle (vgl. Ö3 Jugendstudie 2023; 8. Bericht zur Lage der Jugend 2023).

In diesem Kontext gewinnt die außerschulische Jugendarbeit an Bedeutung, da sie einen wichtigen Beitrag zum Erwerb von Qualifikationen und Kompetenzen leistet. Die BJV hat gemeinsam mit mehreren Mitgliedsorganisationen eine Studie zur Wirkung der außerschulischen Jugendarbeit beauftragt – die Ergebnisse zeigen, dass durch dieses Engagement Jugendliche ein gestärktes Selbstvertrauen, ein Gefühl der Solidarität und ein höheres Demokratiebewusstsein entwickeln. Es wird dadurch einmal mehr bestätigt, dass die außerschulische Jugendarbeit einen maßgeblichen Beitrag zur persönlichen und gesellschaftlichen Entwicklung junger Menschen leistet.

Trotz der Bedeutung des Kompetenzerwerbs, reicht allein dieser nicht aus, um die vielschichtigen Herausforderungen junger Menschen zu bewältigen. Es bedarf eines ganzheitlichen Bildungsansatzes, der nicht nur den Erwerb von Wissen und Fähigkeiten umfasst, sondern auch die Bedürfnisse und Perspektiven junger Menschen berücksichtigt. Ein solcher Ansatz sollte Jugendliche dazu ermächtigen, aktiv an der Gestaltung ihrer Zukunft teilzunehmen und Lösungen für die drängenden Probleme unserer Zeit mitzugestalten.

Der demographische Wandel verändert unsere Gesellschaft und unsere Arbeitswelt nachhaltig, das zeigt sich unter anderem in dem europaweit vorherrschenden Arbeits- und Fachkräftemangel, der auch die junge Generation vor neue Herausforderungen stellt. Wie stellen sich junge Menschen den Arbeitsmarkt der Zukunft vor? Welchen Stellenwert hat Arbeit für junge Menschen? Welche Berufe sind erstrebenswert?

Die Bundesjugendvertretung (BJV) setzt sich aktiv dafür ein, junge Menschen besser in den Arbeitsmarkt zu integrieren und fordert daher unter anderem die Förderung einer umfassenden Berufsorientierung bereits während der Pflichtschulzeit. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verbesserung des dualen Ausbildungssystems, sowohl in betrieblicher als auch in überbetrieblicher Hinsicht. Die BJV strebt an, prekäre Arbeitsverhältnisse zu bekämpfen, um jungen Menschen eine sichere berufliche Zukunft zu ermöglichen.

Die Bedeutung von Arbeit für junge Menschen ist vielschichtig. Sie wollen eine Tätigkeit ausüben, die sie als sinnstiftend empfinden und die es ihnen ermöglicht, ihre Arbeitszeiten flexibel an ihr Leben anzupassen. Dabei ist ihnen vor allem Sicherheit wichtig, sowohl in Bezug auf Beschäftigung als auch auf soziale Absicherung (vgl. Ö3 Jugendstudie 2023).

Berufseinsteigerinnen und Berufseinsteiger achten heute stärker auf Rahmenbedingungen im Job. Daher sind auch die Unternehmen zu Änderungen gezwungen. Immer mehr Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber probieren neue Modelle, wie die 4-Tage-Woche, aus. Auch die Möglichkeit von Home-Office hat sich durch die COVID-19-Pandemie stärker durchgesetzt und ist für junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, neben einer besseren Work-Life-Balance, heute ein wichtiges Kriterium geworden (vgl. bspw. Deloitte Gen Z & Millennial Survey 2023).

Generell ist der Job für junge Menschen zwar wichtig, steht aber nicht mehr über anderen Lebensbereichen, sondern soll mit Familie, Hobbies und ehrenamtlichem Engagement vereinbar sein. Um diesen Trends entgegenzukommen, schlagen wir als BJV Teilzeitmöglichkeiten in bestimmten Lebensphasen vor und sprechen uns für eine generelle Arbeitszeitverkürzung aus.

Es ist wichtig anzumerken, dass der oft erhobene Vorwurf, junge Menschen wollten generell kaum mehr arbeiten, nicht zutrifft. Junge Menschen streben eine ausgewogene Balance zwischen Berufs- und Privatleben an. Sie legen Wert darauf, fair entlohnt zu werden. Zudem sind ihnen die Wertschätzung durch Vorgesetzte sowie Kolleginnen und Kollegen und Mitgestaltungsmöglichkeiten wichtig.

Trotz der Vielfalt an Berufsmöglichkeiten, sind viele Bereiche für junge Menschen nicht ansprechend. Dies zeigt sich beispielsweise in der Pflege, wo die Attraktivität des Berufs für junge Menschen gering ist.

Des Weiteren bestehen Herausforderungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt für alle Personen, insbesondere in Bezug auf Chancengleichheit und die Beseitigung von Diskriminierung am Arbeitsplatz. Die BJV setzt sich daher dafür ein, dass alle jungen Menschen gleiche Möglichkeiten erhalten, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder anderen persönlichen Merkmalen.

Mobilität von Arbeitskräften wird immer wichtiger. Wie mobil ist die junge Generation? Haben fast 30 Jahre EU-Mitgliedschaft Österreichs das grenzenlose Europa auch zu einem bestimmenden Faktor in der Jobsuche werden lassen? Wie beteiligt sich die BJV am Jugenddialog auf europäischer Ebene?

Europapolitik ist für die BJV ein zentrales Anliegen. Als aktives Mitglied des Europäischen Jugendforums und auch auf EU-Ebene, engagiert sie sich für die Rechte und Anliegen von Kindern und Jugendlichen. Zudem fungiert die BJV als Koordinierungsstelle für den Jugenddialog in Österreich und organisiert die Nationale Arbeitsgruppe. Sie kommuniziert die Ergebnisse auf nationaler Ebene und ermöglicht so jungen Menschen eine politische Beteiligung auf europäischer, nationaler und regionaler Ebene. Dabei arbeitet sie an der Umsetzung der Youth Goals, welche die österreichische und  europäische Jugendstrategie prägen. Diese Ziele wurden im Rahmen einer europaweiten Beteiligungsrunde erarbeitet und zeigen auf, in welchen Bereichen Veränderungen nötig sind, damit junge Menschen ihr Potenzial entfalten können. Der Jugenddialog engagiert sich dafür, die Youth Goals in konkrete politische Maßnahmen umzusetzen und so die Interessen junger Menschen in der Politik zu vertreten.

Eine von der BJV durchgeführte Umfrage im Rahmen des EU-Jugenddialogs zeigt, dass viele junge Menschen, insbesondere solche mit eingeschränkten Möglichkeiten oder Behinderungen, wenig über die europaweite Mobilität und die damit verbundenen Zugangsmöglichkeiten wissen. Einige sind sich nicht bewusst, dass spezielle Programme für junge  Menschen mit Behinderungen existieren oder haben Schwierigkeiten,  Auslandsaufenthalte aufgrund von finanziellen oder organisatorischen Hindernissen zu realisieren. Es besteht ein Bedarf an barrierefreien Projekten, die für benachteiligte junge Menschen zugänglich sind und ihnen verständliche Informationen bieten, die ihren Bedürfnissen und Lebensrealitäten entsprechen.

Es bestehen also trotz der EU-Mitgliedschaft Österreichs seit fast 30 Jahren weiterhin große Herausforderungen beim Zugang zum Arbeitsmarkt und zu Arbeitsverhältnissen, was zu Ungleichheit, Armut und  Armutsgefährdung führt. Die BJV fordert daher einen Ausbau der Angebote und einen kostenlosen Zugang zu arbeitsmarktorientierten Weiterbildungsmaßnahmen, um qualitative Beschäftigung zu fördern. Sowohl  Jugendliche als auch Frauen erfahren häufig Ungleichheit am Arbeitsmarkt. Die BJV setzt sich für Chancengleichheit ein und fordert europaweite  Maßnahmen gegen Jugendarbeitslosigkeit, eine Jugendgarantie und Jugendbeschäftigungsinitiative sowie eine Verbesserung der Arbeitsvermittlung und des Zugangs zu Weiterbildungsangeboten. Zudem wird die EU-weite Bekämpfung von prekären Arbeitsverhältnissen und die Sicherstellung fair entlohnter Praktika gefordert.

Wichtig ist auch, dass durch die twin transitions niemand zurückgelassen wird. Wo liegen hier die Wünsche und Erwartungen an eine langfristige Politikgestaltung?

Als BJV sehen wir im Zusammenhang zwischen Digitalisierung und grüner Transformation die Bildung als Schlüsselkomponente. Medienkompetenz spielt dabei eine entscheidende Rolle, da sie jungen Menschen ermöglicht, moderne Medien nicht nur effektiv, sondern auch kritisch zu nutzen. Leider wird Medienkompetenz in der Schule oft vernachlässigt, da Lehrkräften häufig eine angemessene medienpädagogische Ausbildung fehlt. Schulen sind oft unzureichend ausgestattet für Medienbildungsmaßnahmen und es fehlen zeitliche Kapazitäten. Daher fordern wir eine Vermittlung von  Medienkompetenz in der Schule, die es den Schülerinnen und Schülern ermöglicht, moderne Medien effektiv und kritisch zu nutzen und dabei Aspekte der nachhaltigen Entwicklung zu berücksichtigen. In diesem Kontext befürworten wir auch die Einführung eines eigenen Unterrichtsfachs "Politische Bildung", da es im Rahmen eines multiperspektivischen und integrativen Ansatzes einen erheblichen Beitrag zur Förderung der gesellschaftlichen Teilhabemöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen leisten kann.

Kontakt für Rückfragen

E-Mail: presse@bjv.at

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