BMAW Beitrag zum Europäischen Jahr der Kompetenzen
Das Non-Paper des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft wurde als Beitrag Österreichs zum Europäischen Jahr der Kompetenzen auf europäischer Ebene im Netzwerk der Nationalen Koordinatorinnen und Koordinatoren Ende November 2023 verteilt. Einerseits wird in dem Papier auf österreichische Best-Practice-Beispiele verwiesen, die zur Erfüllung der Ziele des Europäischen Jahres beitragen. Andererseits enthält das Papier Empfehlungen für die europäische Ebene (auch in Hinblick auf die nächste europäische Legislaturperiode). Ebenfalls haben die österreichischen Sozialpartner zu diesem Papier beigetragen.
Der grüne und digitale Wandel, die technologischen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte und die demografische Entwicklung stellen unsere Gesellschaften, die Bildungssysteme und den Arbeitsmarkt langfristig vor große Herausforderungen. Diese Veränderungen betreffen sowohl die wirtschafts- und arbeitsmarktrelevanten Kompetenzanforderungen als auch die systemische Gestaltung der Ausbildungswege. Am Arbeitsmarkt und in den Unternehmen werden zunehmend Spezialistinnen und Spezialisten nachgefragt, die auch flexibel einsetzbar sind und – neben fachspezifischem Know-how – über transversale berufliche Kompetenzen verfügen. Daher ist es essentiell, entsprechend zielgerichtete Maßnahmen zu ergreifen und wirksame Instrumente zu entwickeln.
Neben der traditionellen beruflichen Aus- und Weiterbildung kommt auch neuen, nicht-klassischen Formen des Qualifikationserwerbs verstärkt Bedeutung zu. Dies betrifft zum einen das Nachholen oder Auffrischen von Qualifikationen im Erwachsenenalter und zum anderen neue zielgruppenorientierte Angebote und Unterstützungsleistungen.
In Österreich wurden dazu verschiedene Instrumente entwickelt. Hervorzuheben sind folgende Maßnahmen:
- Das im Juni 2023 eingerichtete Fachkräftebarometer zeigt quartalsweise Ergebnisse zu Fachkräfteengpässen auf Berufsebene für ganz Österreich sowie in den einzelnen Bundesländern. Damit ist es nun möglich, zeitnahe Knappheitssignale am Arbeitsmarkt und stärkere saisonale Effekte für Fachkräfte abzubilden. Das Fachkräftebarometer ermöglicht somit, Entwicklungen am Arbeitsmarkt früher zu erkennen und darauf schneller reagieren zu können.
- Um vorhandene und benötigte Qualifikationen zusammenzubringen, hat das Arbeitsmarktservice (AMS) ein neues Skills-Matching-Tool entwickelt, das nun schrittweise implementiert werden soll. Das automatische Matching-Verfahren von Arbeitsangebot und -nachfrage basiert auf Kompetenz- und Qualifikationsindikatoren. Das Hauptziel besteht darin, die Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitsuchende zu verbessern und die Vermittlung von Arbeitsplätzen angemessener und zeitnaher zu gestalten.
- Die Umweltstiftung wurde im April 2022 gegründet. Sie fördert Aus- und Weiterbildungen sowie außerordentliche Lehrabschlüsse für Geringqualifizierte in grünen Berufen. In die Stiftung werden Unternehmen einbezogen, die durch ihre Produktion und Dienstleistungen zur Reduktion von Schadstoffemissionen beitragen.
- Die "Duale Akademie" richtet sich als spezifisches Ausbildungsmodell im Rahmen der dualen Ausbildung an Absolventinnen und Absolventen höherer Schulen und bietet, als Alternative zum unmittelbaren Einstieg in ein Hochschulstudium, eine auf das Alter und die Vorkenntnisse der Auszubildenden maßgeschneiderte Lehrausbildung in Unternehmen. Der Abschluss entspricht dem EQR-Qualifikationsniveau 5.
- Aufbauend auf dem bisherigen, in Österreich traditionell etablierten und bewährten, System der Meister- und Befähigungsprüfungen sowie der 2017 neu geschaffenen Form der Ingenieurzertifizierung für die Validierung beruflicher Praxis im technischen Bereich, soll ab 2024 unter dem Titel "Höhere Berufliche Bildung" ein System berufspraktisch ausgerichteter Qualifizierungsangebote auf tertiärem Bildungslevel (EQR-Qualifikationsniveau 5-7) eingeführt werden. Mit diesen Maßnahmen wird u.a. dem Ziel 2 der Osnabrück-Erklärung zur Bedeutung der beruflichen Weiterbildung entsprochen.
Aus unserer Sicht soll insbesondere die bewährte Struktur des Europäischen Qualifikationsrahmens genutzt werden, um neue Modelle beruflicher Qualifizierung auf allen Bildungsebenen zu fördern. Dabei kommen neuen Methoden und Instrumenten zur Anerkennung und Validierung non-formal und informell erworbener beruflicher Kompetenz eine besondere Bedeutung zu. Folgende Elemente sollen berücksichtigt werden:
- Schwerpunktsetzung zu praxisnahen Ausbildungen und Qualifizierungen und evidenzbasierte Ausrichtung am Bedarf des Arbeitsmarktes
- Fokussierung auf Kompetenzen, die im Kontext des grünen und digitalen Wandels nachgefragt werden
- Einbeziehung der Sozialpartner und der Unternehmen in die Entwicklungsprozesse
- Systemische Ansätze zur Validierung von non-formal und bzw. oder informell erworbenen Kompetenzen entsprechend den EQR-Niveaus
- Fortführung und Nutzung des Modells der Centers of Vocational Excellence (CoVEs)
Vor diesem Hintergrund regen wir an, einen Dialog zwischen den EU Mitgliedstaaten zu initiieren. Das Europäische Jahr der Kompetenzen bietet einen passenden Rahmen, um an Strategien zur Erreichung der gemeinsamen Europäischen Zielsetzungen weiterzuarbeiten.