Rückblick 2022 - Menschenrechte im Fokus
Der öNKP widmete sich 2022 in seiner Bekanntmachungstätigkeit dem Thema "Menschenrechte im Fokus", um das 10-jährige Jubiläum des Kapitels „Menschenrechte“ in den OECD-Leitsätzen und die VN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte in den Vordergrund zu stellen. Das Thema menschenrechtliche Sorgfaltspflicht gewinnt für österreichische Unternehmen nicht zuletzt durch aktuelle Gesetzesvorstöße in EU-Mitgliedsstaaten wie Frankreich, den Niederlanden oder Deutschland sowie auf gesamteuropäischer Ebene (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) an Bedeutung.
RBC Multi-Stakeholder Forum
Gemeinsam mit Expertinnen und Experten warf der öNKP für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen einen Blick auf die Herausforderungen bei der Umsetzung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten und beleuchtete, wie vorhandene Standards und Initiativen sowie aktuelle Gesetzesvorhaben in Deutschland und vor allem auf EU-Ebene für österreichische Unternehmen an Bedeutung gewinnen. Dabei wurde vor allem darüber diskutiert, wie eine Harmonisierung umgesetzt bzw. Kohärenz dieser Initiativen sichergestellt werden kann und welche Herausforderungen sich in der Praxis bei der Implementierung von menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten in Liefer- und Wertschöpfungsketten ergeben.
Näheres zur Veranstaltung: Veranstaltungsrückblick (PDF, 155 KB) (PDF, 155 KB)
Webinar-Reihe
Im Jahr 2022 befasste sich der österreichische Nationale Kontaktpunkt für die OECD-Leitsätze für multinationale Unternehmen (öNKP) schwerpunktmäßig mit dem Thema Menschenrechte und veranstaltete eine Webinarserie zu "Menschenrechtlicher Sorgfaltsprüfung".
Am 13. September 2022 informierten der österreichische Nationale Kontaktpunkt für die OECD-Leitsätze in Kooperation mit der deutschen Nationalen Kontaktstelle für die OECD-Leitsätze in einem Webinar über die Anforderungen an unmittelbar als auch mittelbar vom deutschen Sorgfaltspflichtengesetz betroffene Unternehmen. Die Teilnehmenden erfuhren von zwei Unternehmen, wie sie sich auf die gesetzlichen Anforderungen vorbereiten und welche Unterstützungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen.
Executive Summary zum Webinar (PDF, 116 KB) (PDF, 116 KB)
Die OECD-Leitsätze, das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und der EU-Richtlinienvorschlag für "Corporate Sustainability Due Diligence" sehen die Einrichtung von Beschwerdemechanismen als integralen Teil menschenrechtlicher Sorgfalt. Beschwerdekanäle ermöglichen (potenziell) betroffenen Personen oder ihren legitimen Vertretungen, auf menschenrechtliche Risiken sowie auf Verletzungen menschenrechtsbezogener Pflichten hinzuweisen, die das Unternehmen verursacht oder zu denen es beigetragen hat. Neben unternehmenseigenen Kanälen können Unternehmen auch Meldestellen und Kommunikationskanäle internationaler Organisationen, Sektorinitiativen oder Multistakeholderplattformen nutzen.
Möchten Sie mehr über die Gestaltung wirksamer Beschwerdemechanismen im Rahmen Ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltsprüfung erfahren? Der österreichische Nationale Kontaktpunkt für die OECD-Leitsätze hielt einen praxisorientierten Online-Workshop ab. Anhand vielfältiger Praxisbeispiele erfuhren die Teilnehmenden, wie wirksame Beschwerdekanäle eingerichtet werden können und warum sich diese für das Unternehmen lohnen.
Executive Summary zum Webinar (PDF, 63 KB) (PDF, 63 KB)
Als Folge des ersten Seminares im März 2022 fand am 28. April 2022 das Webinar zum Thema "Menschenrechtlichen Risiken begegnen" statt. Im Rahmen dieses Webinars wurde darauf eingegangen, wie Unternehmen negative Auswirkungen vermeiden oder vermindern können. Dabei konnte aber auch ein Blick vor Ort vorgenommen werden und auf die Einbindung von Betroffenen bei der Ausgestaltung von Maßnahmen eingegangen werden. Dank Unterstützung durch die Dreikönigsaktion (DKA) konnte die Organisation Bench Marks für das Webinar gewonnen werden, die einen Einblick in ihre Arbeit in Südafrika geben konnte.
Fragestellungen im Rahmen des Webinars:
- Wie können Unternehmen Maßnahmen zur Begrenzung nachteiliger Auswirkungen auf Menschenrechte effizient und zielführend aufsetzen?
- Wie können Unternehmen ihre Geschäftstätigkeit anpassen, um negative Auswirkungen auf Menschenrechte zu vermeiden und zu vermindern
- Welche Rolle können (potenziell) betroffene Personengruppen bei der Bestimmung geeigneter Maßnahmen haben?
- Wie können Unternehmen mit systemischen Risiken umgehen?
- Was gilt es bei der Wirksamkeitskontrolle der Maßnahmen zu beachten? Wie kann ein kontinuierliches Monitoring der Maßnahmen gestaltet werden
Executive Summary zum Webinar (PDF, 101 KB) (PDF, 101 KB)
Roundtable Arbeitnehmervertretung
Am 20. September 2022 lud der österreichische Nationale Kontaktpunkt (öNKP) für die OECD-Leitsätze zum ArbeitnehmerInnen-Vertretungen–Roundtable mit dem Thema öffentliche Beschaffung und globale Verantwortung ein. Nach einleitenden Worten von Isabelle Ourny vom österreichischen Gewerkschaftsbund sowie Sarah Bruckner von der Arbeiterkammer Wien, leitete Mario Micelli vom öNKP durch die Diskussionsveranstaltung.
Der Aktionsplan nachhaltige öffentliche Beschaffung
Zu Beginn der Veranstaltung gab Gerhard Weiner, Leiter der „Plattform Nachhaltige Beschaffung“, einen Impulsvortrag über den österreichischen Aktionsplan für nachhaltige Beschaffung. Dabei wurde unter anderem auf die Entstehungsgeschichte, dessen Ziele und die institutionelle Verankerung eingegangen. Bestandteil des Impulsvortrages war ebenfalls eine Erörterung der Nachhaltigkeitsberichterstattung in der Europäischen Union. Der Aktionsplan für nachhaltige öffentliche Beschaffung umfasst auch das zentrale Thema globaler Lieferketten. Dabei wies Gerhard Weiner insbesondere auf die Standards in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte sowie die Prävention der Ausbeutung von Arbeiterinnen und Arbeitern hin. Abschließend wurde exemplarisch auf die öffentliche Beschaffung von IT/ITK-Produkten eingegangen und der damit in Zusammenhang stehenden BITKOM (Bundesverband der deutschen ITK-Branche)-Erklärung in Deutschland.
Aktionsmöglichkeiten für Arbeitnehmerinnen- und Arbeiter-Vertretungen
In der anschließenden Diskussionsrunde wurden Fragen aus dem Publikum beantwortet. In der Diskussion wurde hervorgehoben, wie wichtig die Durchleuchtung der Lieferkette im Unternehmen sei. Betriebsräte und Personalvertretungen könnten hier proaktiv vorgehen, in dem sie gezielt Fragen stellen sowie Auskunft und Informationen, beispielsweise vom Aufsichtsrat, verlangen. Mögliche Themen seien etwa die Sicherstellung sozialer und umweltbezogener Standards entlang der Lieferkette oder Informationen zur Ausgestaltung der Beschaffungsstrategie des Unternehmens. „Das muss im Unternehmen diskutiert werden und
man muss sich der Diskussion intern stellen“ betonte Gerhard Weiner. Hier sei insbesondere die Sicherstellung von „Responsible Procurement“ essentiell, also das aktive Einfordern von hohen Standards bei Lieferanten. Arbeitnehmerinnen- und Arbeiter-Vertretungen käme hier eine wichtige Funktion beim Hinterfragen des Status Quo und dem Ergreifen von Initiativen zu.
ESG-Kriterien, freiwillige und gesetzliche Standards
Auf die Frage, wie sich steigende Umwelt- und Sozialstandards entlang der Lieferkette auf Angebotspreise auswirken könnten, herrschte Konsens unter den Podiumsteilnehmenden. Qualitative Ansprüche wie die Einhaltung von Umwelt- und Sozialstandards/ESG-Kriterien, die Sicherstellung der Menschenrechte, etc. nehmen mehr und mehr an Relevanz zu, weswegen der Angebotspreis nicht mehr die primäre Entscheidungsbasis sei. Die Herausforderung bestünde aber darin, die momentan zahlreich vorhandenen bindenden und freiwilligen Ordnungsrahmen zu harmonisieren. Dies sei essenziell um Vergleichbarkeit, Transparenz und ein „level playing field“ sicherzustellen. Die Europäische Union wird dabei als wichtiger Akteur
mehrmals erwähnt. Abschließend betonte Isabelle Ourny in Bezug auf freiwillige Maßnahmen zur Sicherstellung der unternehmerischen Verantwortung entlang der Lieferkette: „Wir brauchen keine Zertifizierungen, sondern bindende Regeln.“
Am 9. November 2022 lud der österreichische Nationale Kontaktpunkt (öNKP) für die OECD-Leitsätze ein zum ArbeitnehmerInnen-Vertretungen–Roundtable zum Thema „Instrumente und Methoden zur Sicherstellung unternehmerischer Sorgfaltspflicht“. Nach einleitenden Worten von Isabelle Ourny vom österreichischen Gewerkschaftsbund sowie Sarah Bruckner von der Arbeiterkammer Wien, führte Mario Micelli vom öNKP durch die Diskussionsveranstaltung.
Freiwillige und gesetzliche Standards zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten
Zu Beginn der Veranstaltung gab Oliver Emons, Referent bei der deutschen Hans-Böckler-Stiftung, einen einleitenden Impulsvortrag. Er begann mit einer Erörterung der Relevanz von Nachhaltigkeit in Unternehmen sowie der Frage, welche Bereiche davon besonders betroffen sind. Nach einem Überblick über freiwillige und gesetzliche Ordnungsrahmen zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten folgte ein detaillierterer Einblick in das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Oliver Emons präsentierte Details unter anderem zur Genese, dem Anwendungsbereich, dem Risikomanagement und der Sanktionierung bei Nichteinhaltung des Gesetzes. Neben dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz beleuchte er ebenso die aktuell auf europäischer Ebene in Verhandlung befindliche Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und deren Implikationen für Betriebsrätinnen und Betriebsräte.
Betriebliche Mitbestimmung im Unternehmen
Es folgte ein Einblick in Herausforderungen, die sich oft beim Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen ergeben. Soziale Kriterien seien im Vergleich zu ökologischen Aspekten häufig unterrepräsentiert. Zudem sei es wichtig zu erkennen, dass Nachhaltigkeit Hand in Hand mit Weiterbildung und Qualifizierung gehen muss. „Das, was ich messen kann, kann ich auch verändern“, betonte Oliver Emons, womit er die Wichtigkeit von Kennzahlen und einer guten Informationsbasis hervorhob. Dadurch werde auch eine bessere Mitbestimmung möglich. Durch gutes Informationsmanagement könnten Betriebsrätinnen und Betriebsräte besser ihre Mitbestimmungsrolle wahrnehmen, so Emons. Zuletzt wurden noch einige praktische Hinweise für Mitbestimmungsakteure geteilt. Dabei sei das „Erkennen“ (wie bereitet man sich auf ein neues Thema vor?), „Einbringen“ (wie kann man sich rechtzeitig einbringen?) und „Verändern“ (Welche Themen sollen begleitet werden?) essentiell.
In der abschließenden Diskussionsrunde wurden Fragen aus dem Publikum beantwortet. Dabei wurde die Bedeutung der Mitbestimmung von Betriebsrätinnen und Betriebsräten hervorgehoben, insbesondere bei der Einführung von Lieferkettengesetzen und Nachhaltigkeitsthemen.