Die historische Entwicklung des Gewerberechts
Das österreichische Gewerberecht kann auf eine über ein halbes Jahrtausend währende Entwicklungsgeschichte zurückblicken. Schon im 14. und 15. Jahrhundert durfte nur ein Zunftmitglied einen Gewerbebetrieb eröffnen und führen. Auch die Ausübung des Gewerbes wurde durch die Zunftordnungen geregelt. Ferdinand I. erließ im Jahre 1527 eine neue Polizei- und Handwerksordnung, die die Zünfte ganz wesentlich entmachtete. Als diese im Laufe der Zeit wieder erstarkten, wurde die staatliche Gewerbehoheit im Jahre 1732 durch die Zunftgenerale von Karl VI. wiederhergestellt. Die Zünfte wurden besonderer obrigkeitlicher Aufsicht unterstellt. Das Gewerberecht entwickelte sich jedoch zu einer äußerst zersplitterten Rechtsmaterie, deren Reglementierung den Gewerbeantritt und die Gewerbeausübung immer mehr erschwerte.
Erste Gewerbeordnung
Im Jahre 1834 betraute Franz I. die Allgemeine Hofkammer mit der Verfassung eines neuen Gewerberechts, das die bisherigen Reformen beinhalten sollte. Diese Vereinheitlichung gestaltete sich schwierig und daher dauerte dieser Prozess auch 25 Jahre. Ab dem Jahr 1848 wurde er vorwiegend im Handelsministerium vorangetrieben. Die am 20. Dezember 1859 erlassene Gewerbeordnung brachte ein einheitliches Gewerberecht für den gesamten Bereich des damaligen Reiches und war vom Grundsatz der Gewerbefreiheit getragen. Einschränkung dieses Grundsatzes gab es insbesondere bei konzessionierten Gewerben, wie z.B. dem Baugewerbe oder dem Gast- und Schankgewerbe.
Novellen und Sondergesetze
Doch schon bald wurde die eben erst in Kraft gesetzte Gewerbeordnung von verschiedenen Seiten als reformbedürftig bezeichnet. Nach längeren Arbeiten erschienen daher die Gewerbeordnungsnovellen der Jahre 1883 und 1885. Von besonderer Bedeutung bei diesen war die Einführung einer neuen Art von Anmeldung für handwerksmäßige Gewerbe, die die Qualität der Ausübenden mittels eines Befähigungsnachweises sicherstellen sollten.
Außerdem wurden das Genossenschaftswesen neu geregelt und der Arbeiterinnen- und Arbeiterschutz ausgestaltet. In den weiteren Jahren folgte eine Vielzahl von Sondergesetzen und um die Jahrhundertwende weitere Änderungen betreffend das Lehrlingswesen, die Genossenschaften u.a.
Mit der Gewerbereform des Jahres 1907 wurde die obligatorische Gesellenprüfung und eine fakultative Meisterprüfung eingeführt. Änderungen auf Grund der politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach dem ersten Weltkrieg fanden in den Gewerbeordnungsnovellen der Jahre 1933 bis 1935 ihren Niederschlag. Nach dem "Anschluss 1938" wurde eine Vielzahl von reichsrechtlichen Vorschriften auf gewerberechtlichem Gebiet in Österreich eingeführt. Nach 1945 war die Gesetzgebung bestrebt, diese durch österreichische Normen zu ersetzen.
Gewerbeordnung 1973
Die wiederholten Novellierungen der Gewerbeordnung 1907 machten es schwer, das geltende Recht zu überschauen. Daher wurde beschlossen, eine neue Gewerbeordnung zu schaffen. Diese wurde in einem langen Prozess unter Einbindung von Vertretern der einschlägigen wissenschaftlichen Gebiete, der Interessensverbände, der Verwaltung und der Volksvertretung erarbeitet und schließlich am 29. November 1973 einstimmig durch den Nationalrat beschlossen.
Die Gewerbeordnung 1973 hat dem Grundsatz der Gewerbefreiheit wieder vermehrt zum Durchbruch verholfen. So wurde bei der Neugestaltung der im Gesetz festgelegten Listen der einzelnen Gewerbe eine Vielzahl von Gewerben nicht mehr als konzessionierte Gewerbe eingereiht, sondern entkonzessioniert. Weiters wurde eine große Anzahl von bisher handwerksmäßigen Gewerben nicht mehr in die neue Liste der Handwerke aufgenommen. Auch aus der bisher geltenden Liste der gebundenen Gewerbe wurden zahlreiche Gewerbe gestrichen. Seither wurden bestimmte Aspekte des Gewerberechts mittels Novellen sowie weiterer Gesetze angepasst.
Quelle: vgl. Gruber/Paliege-Barfuß, GewO7 § 376 (Stand 1.9.2020, rdb.at)