Gründung des Ministeriums für Handel und Volkswirthschaft 1861
Die verlorene Schlacht von Solferino im Jahr 1859 machte Einsparungen notwendig. Diesen fiel auch das Handelsministerium zum Opfer. Es wurde am 21. August 1859 aufgelöst. Nachdem die angestrebten Einsparungen in der Zentralverwaltung jedoch ausblieben und es sich zeigte, dass ein eigenständiges Ministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten unerlässlich ist, wurde das Handelsministerium wieder gegründet. Am 4. Februar 1861 wurde Matthias Constantin Capello Graf von Wickenburg zum Handelsminister ohne eigenen Wirkungskreis ernannt. Mit dem folgenden Dokument unterbreitete der Minister am 18. März 1861 Kaiser Franz Joseph I. den Vorschlag über die Organisation des neugegründeten Ministeriums für Handel und Volkswirthschaft. Der Kaiser genehmigte diesen am 10. April 1861.
Allerunterthaenigster Vortrag
des treugehorsamsten Ministers für Handel und Volkswirthschaft Mathias Constantin Grafen Wickenburg
womit der neugeordnete Entwurf zu dem besonderen Wirkungskreise dieses Ministeriums unterthänigst vorgelegt wird.
Allergnaedigster Herr!
Eure Majestaet haben in den unter Allerhöchst Dero Vorsitze abgehaltenen Sitzung vom 13. d.M. mir allergnädigst aufzutragen geruht, mich mit dem Minister Ritter von Lasser in Bezug auf den von mir vorgeschlagenen Wirkungskreis für das Ministerium für Handel und Volkswirthschaft in ein näheres Einvernehmen zu setzen und diejenigen Gegenstände auszuscheiden,
welche mit Rücksicht auf die von Eurer Majestaet gemachten Bemerkungen sich hiezu insbesondere eignen dürften.
Ich habe nun dieß-falls mit meinem Kollegen die nähere Beratung gepflogen und wir haben, in einer neuerlichen, hier ehrfurchtsvollst angeschloßenen Abschrift des unterm 3ten d.M. vorgelegten besonderen Wirkungskreises, mit rother Tinte, die Abänderungen eingeschaltet, deren Durchführung wir für angezeigt hielten, um den Befehlen Eurer Majestaet gerecht zu werden.
Nebst dem Minister von Lasser hat auch der Finanz-
Minister dieser Zusammenstellung, als Zeichen seines Einverständnißes seine Unterschrift beigefügt.
Ich erlaube mir nun allerunterthänigst um die Allerhöchste Genehmigung des auf die vorgedachte Weise, geordneten Wirkungskreises zu bitten, und lege zu diesem Ende abermals einen Entwurf der Allerhöchsten Entschließung ehrerbietigst vor.
Ich würde aber meine Pflicht und mein Gewissen verletzen, wenn ich nicht zu wiederholen wagte, daß schon der erste Aufsatz über den besonderen Wirkungskreis in so engen Grenzen gehalten worden ist, als mir
nur immer möglich schien und daß ich jede weitere Beschränkung für nicht ersprießlich halte. Ich rede hier nicht für meine, gar nicht in Betrachtung kommende Person, sondern nur für die Sache. Kein Ministerium ist seiner Natur nach so geeignet mit allen Schichten der Bevölkerung in so nahe Verbindung zu gelangen, als gerade dieses. Deßhalb sind auch Aller Blicke auf dasselbe gerichtet und man erwartet von ihm große Dinge. Es soll den gesunkenen Handel beleben, für die Hebung des Gewerbes und der Industrie Sorge tragen und für die bisher nicht voll-
ständig vertretene Volkswirthschaft als ersehntes Central-Organ dienen. Dieses Ziel kann aber bei einer Beschränkung auf größtentheils legistlative Arbeiten nicht erreicht werden. Selbst um nur bei diesen letzteren gründlich vorgehen zu können, muß es sich durch einen geregelten Geschäftsgang im beständigen Verkehre erhalten, um so die Bedürfnisse und Wünsche der Bevölkerung kennen zu lernen und zu studieren. Sind dann aber derlei Gesetze und Anordnungen in Vorschlag gebracht, müssen sie durchgeführt werden, welches wieder am
zuverläßigsten von der Quelle geschieht, aus der sie entsprungen. Es besteht in dieser Beziehung nur Eine Meinung und ich habe weder vom Beamtenstande noch von dem sonstigen Publikum irgend eine Andeutung gehört, welche eine andere Zuversicht ausspräche, als jene, daß dieses Ministerium mit einem schon seinem Namen entsprechenden Wirkungskreise in das Leben treten werde. Jede Enttäuschung dürfte daher auch sehr unangenehm berühren und insbesondere wird die Trennung des Gewerbewesens und dessen Behandlung in zwei Mini-
sterien ein Gegenstand vielfältiger Unzufriedenheit werden.
Am Schluße überreiche ich noch gehorsamst den früheren Akt, welchen Eure Majestaet mir einzuhändigen geruhten.
Gesehen 19/3
(Unterschrift) Erzherzog Rainer von Österreich (nomineller Ministerpräsident)
(Unterschrift) Wickenburg
Wien, am 18ten Maerz 1861
Ich genehmige die vorliegenden Anträge über den besonderen Wirkungskreis Meines Ministeriums für Handel und Volkswirtschaft, und sehe Ihren weiteren Organisations-Vorschlägen entgegen.
Wien den 10. April 1861
(Unterschrift) Kaiser Franz Joseph I.
Ges. 10/4
(Unterschrift) Erzherzog Rainer von Österreich
Empfangen am 11. April
(Unterschrift) Wickenburg