FIW-Gutachten: Nach starken Wachstumsjahren stagniert Österreichs Außenhandel 2023 Nach einer dynamischen Entwicklung 2022 erwartet das FIW für dieses Jahr ein geringes Wachstum der österreichischen Exporte und Importe
Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher stellte heute gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) das vierte Jahresgutachten zur "Lage der österreichischen Außenwirtschaft" vor. Das Jahresgutachten widmet sich den aktuellen internationalen Rahmenbedingungen für die österreichische Außenwirtschaft und der Handelsentwicklung im Jahr 2022. Darüber hinaus präsentierten die Studienautoren Prof. Harald Oberhofer und Dr. Robert Stehrer sowie die Studienautorin Bettina Meinhart, MSc, kurz- und mittelfristige Prognosen für die zu erwartende zukünftige Entwicklung der österreichischen Außenwirtschaftsbeziehungen.
Das Jahr 2022 stand unter dem Eindruck des russischen Angriffs auf die Ukraine und der darauffolgenden Energiepreiskrise. Haushalte und Unternehmen waren von den gestiegenen Energiekosten massiv betroffen. Ab dem zweiten Halbjahr hinterließen der daraus resultierende Angebotsschock und die hohen Inflationsraten ihre Spuren in der Weltwirtschaft. Die österreichische Abhängigkeit von russischem Erdgas stellt die heimischen Haushalte, Unternehmen und die Politik vor besondere Herausforderungen. Der österreichische Außenhandel konnte sich unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen relativ gut behaupten, litt 2022 aber unter der deutlichen Verschlechterung der Terms-of-Trade, also einer Verschlechterung des Verhältnisses zwischen Export- und Importpreisen. Die Preise für österreichische Warenexporte sind um 5,5 Prozentpunkte weniger stark als die Importpreise angestiegen. In reinen Mengen ausgedrückt haben sich die österreichischen Exporte dynamischer als die Importe entwickelt: Der Gesamtexport von Waren und Dienstleistungen stieg gemäß Prognose real im Jahr 2022 um 8,8 Prozent, die Importe nahmen um 5,1 Prozent zu.
"Trotz schwieriger Rahmenbedingungen hat sich der österreichische Außenhandel im Jahr 2022 gut entwickelt. Im Vergleich zum Vorkrisenniveau im Jahr 2019 liegt der Außenhandel nun zehn Prozent über dem Vorkrisenniveau. Insbesondere kam es zum Wiedererstarken der Dienstleistungsexporte mit einem Wachstum von 17 Prozent", so Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher.
2022 überwog der negative Terms-of-Trade Effekt den Mengeneffekt, sodass sich 2022 die österreichische Handelsbilanz um 7,6 Milliarden Euro im Vergleich zum Jahr 2021 verschlechterte und ein Defizit von -20,5 Milliarden Euro aufweist. Die positivere Entwicklung der Dienstleistungsbilanz, welche durch eine massive Steigerung der Reiseverkehrsexporte (mehr Reisen von ausländischen Touristinnen und Touristen nach Österreich) getrieben wurde, konnte letztes Jahr das Handelsbilanzdefizit ausgleichen. 2022 ist die Leistungsbilanz mit 200 Millionen Euro im Plus.
Für 2023 prognostiziert das Kompetenzzentrum "Forschungsschwerpunkt Internationale Wirtschaft" (FIW) ein Wachstum der Gesamtexporte in Höhe von 0,3 Prozent. Die Importe dürften heuer um 0,9 Prozent steigen. Vor allem durch die steigenden Importpreise - verursacht durch die Energiekrise - könnte Österreich 2023 das erste Mal seit 2001 eine negative Leistungsbilanz aufweisen. Das Defizit beträgt laut Prognose -1,8 Milliarden Euro - oder 0,4 Prozent des BIP.
Im heurigen Jahr setzt sich die Verschlechterung der Terms-of-Trade auf Basis der Studienprognose mit einem Minus von einem Prozent weiter fort. Die Warenexporte dürften um 0,1 Prozent zulegen, die Dienstleistungsexporte verzeichnen ein Wachstum von 1,2 Prozent. Die Gesamtimporte wachsen um 0,9 Prozent. Der Unterschied zwischen den Exporten und Importen ergibt sich aus einem höheren Dienstleistungsimportwachstum von 3,3 Prozent. Die Handelsbilanz könnte sich durch den weiteren negativen Terms-of-Trade Effekt auf -23,3 Milliarden Euro verschlechtern. Dieses Defizit wird von den Dienstleistungsbilanzüberschüssen nicht mehr vollständig kompensiert werden können. Die österreichische Leistungsbilanz wird 2023 mit einem Abgang von -1,8 Milliarden Euro (0,4 Prozent des BIP) einen negativen Saldo aufweisen. 2024 sollte die Leistungsbilanz prognosemäßig zu einem geringen Überschuss zurückkehren.
"Gerade jetzt ist es wichtig, die österreichischen Exportbetriebe bei ihren Internationalisierungsaktivitäten weiter bestmöglich zu fördern. Durch die Internationalisierungsoffensive 'go-international', Wirtschaftsmissionen in Zukunftsmärkte sowie gemeinsame internationale Wirtschaftskommissionen unterstützen wir Betriebe bei der Erschließung neuer Märkte und dem Ausbau bereits bestehender Geschäftsverbindungen. Für ein kleineres, exportorientiertes Land wie Österreich ist es darüber hinaus wichtig, dass die Europäische Union eine aktive Handelspolitik verfolgt. Dabei geht es insbesondere um den Abbau bestehender Handelsbeschränkungen sowie um das Vermeiden von Handelskonflikten", so Kocher bei der Präsentation.
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