Schramböck: "Gleiche Wettbewerbsbedingungen und Investitionen wichtig für den Standort Europa" Studienpräsentation "Perspektiven einer erfolgreichen europäischen Handelspolitik im Kontext geopolitischer Herausforderungen"
"Die EU muss aktiv und aufmerksam agieren und sich ihrer eigenen Stärken bewusst sein", betonte Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck gestern im Rahmen einer Diskussion anlässlich der Studienpräsentation "Perspektiven einer erfolgreichen europäischen Handelspolitik im Kontext geopolitischer Herausforderungen". Dazu bedürfe es gleicher Wettbewerbsbedingungen sowie Vorsicht bei Zöllen, Subventionen und Direktinvestitionen. "Die unter österreichischer Ratsvorsitz beschlossene FDI-Screening-Verordnung bietet eine wichtige Grundlage dafür." so Schramböck. Zudem müsse man den Standort Europa stärken, etwa durch höhere Investitionen in Zukunftsinnovationen wie Halbleitertechnologie, Batterien und Wasserstoff. In der Diskussion mit Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) und Sabine Weyand, Leiterin der Generaldirektion Handel der Europäischen Kommission, standen die Ergebnisse und die Implikationen der Studie für die neue EU-Handelsstrategie, die diese Woche einen wichtigen Punkt bei den Diskussionen im Handelsministerrat einnehmen wird, im Zentrum.
Die Studie wurde von einem Team des IfW Kiel unter der Leitung von Katrin Kamin und Gabriel Felbermayr im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaftsstandort und Digitalisierung erstellt und untersucht die Auswirkungen des Handelsstreits zwischen den USA und China auf die EU sowie die Effekte des Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP) auf die EU. Darüber hinaus behandelt sie die handelspolitischen Implikationen für die EU und ihre Handlungsoptionen.
Österreich und die EU profitierten aufgrund von Handelsumlenkungseffekten potentiell von einer Eskalation des US-chinesischen Handelsstreits, das Phase-Eins-Abkommen zwischen den USA und China schade hingegen der EU. Obwohl die Auswirkungen des RCEP-Abkommens relativ gering seien, verdiene die ost-/südostasiatische Region die volle Aufmerksamkeit der EU. Die quantitativen Ergebnisse deuteten darauf hin, dass die EU ihre strategische Autonomie, die bereits ein Kernpunkt der neuen EU-Außenhandelsstrategie ist, weiter ausbauen müsse.
Sabine Weyand sieht viele Überlappungen zwischen den Ergebnissen der Studie und den Bemühungen der EU-Handelspolitik. Aufgrund der zunehmenden internationalen Spannungen sowie der Globalisierungskritik sei ein neuer Konsens bei der Handelspolitik unerlässlich. Diese müsse nicht nur offen, sondern auch nachhaltig und durchsetzbar sein.
Gabriel Felbermayr meint, man solle die EU nicht kleiner reden als sie ist. Den wichtigsten Trumpf der EU sieht er in der Stärke des Binnenmarkts, dieser bedürfe jedoch Einigkeit, um seine Stärke weiterhin aufrecht erhalten zu können. Er wies auch darauf hin, dass die EU und die USA gemeinsam in absehbarer Zukunft weiterhin wirtschaftlich größer sein würden als China, und deshalb der transatlantischen Zusammenarbeit besondere Bedeutung zukomme. Diese Zusammenarbeit müsse jedoch über China hinausgehen, wichtige Felder seien etwa die Klima- oder Technologiepolitik.
Einigkeit herrschte beim Thema Handelsabkommen im asiatischen Raum, insbesondere RCEP. Auch wenn die kurzfristigen Auswirkungen nicht besonders groß seien, hätten sie doch das Potenzial die längerfristige wirtschaftliche Dynamik zu verändern, etwa durch neue Ursprungsregelungen und damit einhergehender stärkerer Regionalisierung. Für die EU sei es wichtig, an erfolgreiche Abkommen mit Japan und der Republik Korea anzuknüpfen und weitere Abkommen, zum Beispiel mit Indien, zu forcieren.