EU-Verbraucherschutz- und Lauterkeitsrecht Aktuelle Entwicklungen im EU-Verbraucherschutzrecht bzw. Lauterkeitsrecht
A New Deal for Consumers - Modernisierungs-Richtlinie
Voranschreitende Digitalisierung und daraus resultierende digitale Herausforderungen erfordern Anpassungen im Rechtsbestand der EU, auch die Verbraucherschutzvorschriften bleiben davon nicht verschont. Daher wurde im November 2019 im Rat die Richtlinie (EU) 2019/2161 (Modernisierungs-Richtlinie) angenommen, welche die bessere Durchsetzung und Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften der Union bezweckt – dies, obwohl das Barometer zur Lage der Verbraucher ("Consumer Conditions Scoreboard") den Schluss zulässt, dass die bestehenden Regelungen ausreichend sind. Dies hat auch die zuletzt im November 2019 veröffentlichte Version ergeben.
Insbesondere die ausgezeichnete österreichische Performance ist hier hervorzuheben. Das Vertrauen der Verbraucher in die österreichischen Rechtsschutzmechanismen weist den dritthöchsten Prozentsatz innerhalb der EU-28 auf. Auch hat Österreich den zweitniedrigsten Prozentsatz bzw. niedrigsten Prozentsatz der Verbraucher in der EU-28, die unlauteren Geschäftspraktiken bzw. anderen illegalen Praktiken ausgesetzt sind.
Die Modernisierungs-Richtlinie sieht die Änderung der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken und der Preisangaben-Richtlinie 98/6/EG (beide im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft) vor. Daneben wurden auch Anpassungen an die voranschreitende Digitalisierung sowie darüberhinausgehende Änderungen in der Verbraucherrechte-Richtlinie (EU) 2011/83 und der Klausel-Richtlinie 93/13/EWG vorgenommen, welche in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Justiz fallen.
Die Umsetzung der im Zuständigkeitsbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Wirtschaft liegenden Bestimmungen in nationales Recht erfolgte mit dem Zweiten Modernisierungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz - MoRUG II (siehe dazu Angelegenheiten des unlauteren Wettbewerbs im innerstaatlichen Bereich - Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 (UWG)).
Im Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb 1984 (UWG) werden durch die Modernisierungs-Richtlinie nun verbesserte Informationspflichten zur Begegnung der digitalen Herausforderungen vorgesehen. So ist zukünftig über folgende Aspekte zu informieren:
- ob es sich beim Anbieter auf dem Online-Marktplatz um einen kommerziellen oder privaten Anbieter handelt,
- welche Hauptparameter für die Festlegung des Rankings bei Suchanfragen zur Anwendung gelangen und deren relative Gewichtung sowie
- wenn Verbraucherbewertungen veröffentlicht werden, ob diese vom Unternehmer auf ihre Echtheit geprüft werden.
Daneben wird die Nichtoffenlegung bezahlter Werbung bei der Anzeige von Suchergebnissen, die Behauptung, dass es sich um echte Kundenbewertungen handelt ohne dies überprüft zu haben sowie die Abgabe gefälschter Kundenbewertungen bzw. die Erteilung des Auftrags zur Abgabe gefälschter Bewertungen und die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen in sozialen Medien zum Zweck der Verkaufsförderung verboten.
Die Vorgaben der Modernisierungs-Richtlinie beschränken sich jedoch nicht nur auf die Anpassung der EU-Verbraucherschutzvorschriften an das digitale Zeitalter. So sind in der Richtlinie 2005/29/EG auch Bestimmungen über Rechtsbehelfe für geschädigte Verbraucher, wie die Möglichkeit Schadenersatz sowie gegebenenfalls Preisminderung oder Vertragsbeendigung zu verlangen, weitreichende Vorgaben für neue Sanktionen, welche für bestimmte Verstöße die Verhängung von Geldbußen verlangen, ein Verbot über idente Vermarktung von Waren trotz wesentlicher Unterschiede in der Zusammensetzung oder auch das Verbot des Wiederverkaufs von Eintrittskarten, welche aufgrund automatisierter Verfahren erworben wurden, zu finden, welche auch Eingang in das nationale Recht gefunden haben.
Im Preisauszeichnungsgesetz (PrAG) sind in Umsetzung der neuen Vorgaben in der Preisangaben-Richtlinie 98/6/EG Regelungen für Preisermäßigungen zu ergänzen, sodass hinkünftig bei Rabatten auch der vorherige niedrigste Preis, der zumindest einmal innerhalb eines Zeitraums von 30 Tagen vor der Anwendung der Preisermäßigung in demselben Vertriebskanal angewendet wurde, anzugeben ist.
Richtlinie hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und durch bessere Informationen
Die Richtlinie (EU) 2024/825 hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und durch bessere Informationen sieht die Änderung von zwei bestehenden Richtlinien vor, konkret der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG (UGP-RL) (Zuständigkeit: BMAW) und der Verbraucherrechte-Richtlinie 2011/83/EU (VR-RL) (Zuständigkeit: BMJ).
In der UGP-RL soll durch die Änderungen sichergestellt werden, dass Unternehmer die Verbraucher hinsichtlich der ökologischen Auswirkungen, der Haltbarkeit und Reparierbarkeit von Produkten nicht irreführen. Außerdem wird durch Erweiterung der Liste der unlauteren Praktiken in der UGP-RL künftig beispielsweise verboten, dass Nachhaltigkeitssiegel verwendet werden, welche nicht auf einem Zertifizierungssystem beruhen oder nicht von staatlichen Stellen festgesetzt wurden. Weiters wird in der Richtlinie ein Verbot allgemeiner Umweltaussagen, bei denen die hervorragende Umweltleistung des Produkts oder Unternehmers nicht nachgewiesen werden kann, vorgesehen. Weiters sollen Verbote bestimmter Praktiken hinsichtlich der frühzeitigen Obsoleszenz von Waren eingeführt werden.
Die EK verweist in der Begründung des Vorschlags darauf, dass derzeit Informationen für Konsumentinnen und Konsumenten betreffend Umwelteigenschaften, Lebensdauer oder Reparierbarkeit von Produkten in die Irre führen können.
Die Richtlinie (EU) 2024/825 ist bis zum 27. März 2026 von den Mitgliedsstaaten in nationales Recht umzusetzen und bis zum 27. September 2026 anzuwenden.
Dabei sei auch darauf zu verweisen, dass bereits nach der geltenden Rechtslage Marktteilnehmer durch das Irreführungsverbot nach § 2 Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) vor irreführenden Geschäftspraktiken, auch im Zusammenhang mit Umweltbehauptungen, geschützt werden. Die Rechtsprechung des OGH wendet dabei bereits einen strengen Maßstab zur Prüfung von Umweltbehauptungen an.
Richtlinie (EU) 2024/825 im Amtsblatt (dt. Fassung):
Vorschlag für eine Richtlinie über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und die diesbezügliche Kommunikation (RL über Umweltaussagen)
Am 22. März 2023 veröffentlichte die Europäische Kommission (EK) den Richtlinienvorschlag über die Begründung ausdrücklicher Umweltaussagen und die diesbezügliche Kommunikation (COM(2023) 166 final, mit dem Greenwashing durch irreführende bzw. unbegründete Umweltaussagen/-zeichen bekämpft werden soll. Ziel des Vorschlags ist die Sicherstellung verlässlicher, vergleichbarer und überprüfbarer Umweltaussagen, damit Verbraucher besser zum ökologischen Wandel beitragen können.
Inhaltlich sollen die vorgeschlagenen Bestimmungen als lex specialis zur UGP- RL (RL 2005/29/EG) und der Richtlinie betreffend Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und durch bessere Informationen gelten. Vom Anwendungsbereich umfasst sind freiwillige ausdrückliche Umweltaussagen von Gewerbetreibenden an Verbraucher sowie Umweltzeichen. Für solche Umweltaussagen und -zeichen werden strenge Vorgaben hinsichtlich ihrer Begründung (Verwendung wissenschaftlich anerkannter Daten, primärer/sekundärer Daten etc.) und Kommunikation (Informationspflichten) festgelegt. Daneben sollen Umweltaussagen und -zeichen durch einen unabhängigen Gutachter vor Verwendung ex ante genehmigt werden müssen. Bei Verstoß gegen diese Vorgaben sieht der Richtlinienvorschlag weitreichende Sanktionen vor, z.B. Geldbußen, Beschlagnahme von Einnahmen etc.
Die Allgemeine Ausrichtung des Rates wurde am 17. Juni 2024 im Umweltrat erzielt. Das Europäische Parlament hat über sein Mandat am 12. März 2024 abgestimmt. Als nächster Schritt finden Trilogverhandlungen statt. Federführend zuständig ist in Österreich das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft gemeinsam mit dem Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
Unlautere Geschäftspraktiken in Zeiten von COVID-19
Die Auswirkungen des Corona-Virus machen sich auch im Online-Handel bemerkbar: Es kommt immer noch zu falschen Werbeaussagen im Zusammenhang mit Produkten, von welchen behauptet wird, dass sie der Prävention von Viren-Erkrankungen dienen oder auch mit "Wunder"-Heilmitteln, die im Falle einer Infektion beschleunigte Heilungschancen versprechen. Die Produkte werden teils auch fälschlicherweise so vermarktet, als wäre ihre Wirksamkeit von einer offiziellen Stelle oder aus ärztlicher Sicht bestätigt. Beim Online-Einkauf derartiger Produkte ist daher erhöhte Wachsamkeit geboten und es empfiehlt sich, Angebote kritisch zu hinterfragen.
Die Europäische Kommission und die zuständigen Behörden haben einen Leitfaden ausgearbeitet, um solche problematischen Praktiken besser identifizieren zu können.
Dieser richtet sich primär an die Betreiber von Online-Plattformen, auf welchen derartige unlautere Praktiken auftreten können. Plattformbetreiber haben geeignete Maßnahmen zu ergreifen, wenn sie Kenntnis von illegalen Aktivitäten auf ihren Seiten erhalten. Unter die verpönten Praktiken fallen Bewerbungen von Händlern, die behaupten, dass ein Produkt in der Lage ist eine Krankheit zu heilen oder wenn die Verbraucher allgemein über den Nutzen oder die Wirkung eines Produkts getäuscht werden. Unlauter ist weiters die Behauptung, dass ein Produkt nur für eine sehr begrenzte Zeit verfügbar ist, wenn dies nicht stimmt.
Weitere Informationen auf der Website der EK:
Ratschläge für Verbraucher/innen und Händler
Wenn ein Produkt zu einem völlig überteuerten Preis erworben wurde, kommen für den Käufer folgende Rechtsbehelfe in Frage:
Verträge, die gegen die guten Sitten verstoßen sind nach § 879 ABGB nichtig. Dies gilt insbesondere für Verträge, in denen ein Verkäufer die Zwangslage eines Käufers dadurch ausbeutet, dass er einen Kaufpreis verrechnet, der zum Wert der Leistung in auffallendem Missverhältnis steht (Wucher). "Nichtig" bedeutet in diesem Zusammenhang "relativ nichtig", das bedeutet, dass der Käufer den Vertrag anfechten kann (aber nicht muss).Ebenso kann der Käufer einen Vertrag anfechten, bei dem er für eine Ware mehr als den doppelten Marktpreis bezahlt (§ 934 ABGB). Die Anfechtung ist aber ausgeschlossen, wenn der Käufer Kenntnis vom wahren Wert hatte. Dies muss der Verkäufer beweisen (Verkürzung über die Hälfte).
Im Falle von täuschenden Angaben rund um die Wirksamkeit eines Produkts, kann eine Anfechtung des Vertrags wegen Irrtums (§ 871 ff ABGB) in Frage kommen.