Aktuelles aus dem Tourismus Ein Interview mit Staatssekretärin Kraus-Winkler
Wie fällt Ihr Resümee für die Sommersaison aus?
Mit mehr als 37 Mio. Nächtigungen in der ersten Hälfte der Sommersaison 2022 (Mai bis Juli) kann das Niveau von 2019 fast erreicht werden. Es fehlen zum Vergleichszeitraum 2019 nur mehr rund 4,5 Prozent. Einen großen Anteil daran haben die Österreicherinnen und Österreicher selbst, aber bereits fast 25 Millionen Nächtigungen gehen auf das Konto ausländischer Gäste. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Gäste aus der EU, da Fernreisen, insbesondere aus dem asiatischen Raum, nach wie vor nur zurückhaltend gebucht werden.
Diese gute Sommersaison ist umso erfreulicher, da die Rahmenbedingungen nicht unbedingt einfach waren: COVID ist in vielen Bereichen noch spürbar, die Teuerung schlägt sich auch im Tourismus nieder, und vor allem der Arbeitskräftemangel macht Unternehmen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu schaffen. Hier hat die Politik mit Maßnahmen gegengesteuert. Die Aufstockung des Saisonierkontingents im Juli war gerade für den Tourismus eine erste Verbesserung.
Vor welchen Herausforderungen steht die Tourismusbranche?
Neben dem Energiepreisthema, das mittlerweile in den Vordergrund gerückt ist, bleibt der Arbeitsmarkt auch weiterhin ein bestimmendes Thema in den nächsten Monaten, denn die Nachfrage nach Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird laut Expertinnen und Experten weiter hoch bleiben – nicht nur im Tourismus, sondern in allen Branchen. Gemeinsam mit allen Stakeholdern, wie Betrieben, Verbänden, Tourismusorganisationen, AMS, Schulen und den Sozialpartnern, versuchen wir, die Tourismusbranche attraktiver zu gestalten und jungen Leuten, aber auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern, die Lust auf Arbeit im Tourismus neu zu vermitteln. Für gute Arbeitsbedingungen sind aber nicht nur Arbeitgeberinnen und -geber verantwortlich, auch nicht nur die Politik, sondern ganz wichtig ist auch die Wertschätzung durch die Gäste – denken wir daran, wenn wir Dienstleistungen im Tourismus als selbstverständlich erachten.
Und einen Mythos möchte ich noch widerlegen: Es ist nicht so, dass alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter den Tourismus fluchtartig verlassen – im Gegenteil! Derzeit arbeiten mehr Menschen im Tourismus als vor der Pandemie, aber der Bedarf an Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird aus vielen Gründen immer größer.
Wie wirken sich die Teuerungen auf den Tourismus aus?
Die extreme Teuerungswelle ist eine große Herausforderung für den Tourismus. Wenn die Menschen weniger Geld haben, werden geplante Urlaubsreisen als erstes überdacht. Dies führt unter anderem auch zu einem veränderten Buchungsverhalten, alles wird viel kurzfristiger gebucht, was Prognosen und Planbarkeit naturgemäß erschwert. Um zum Erhalt der Kaufkraft der Menschen in Österreich beizutragen, hat die Bundesregierung zahlreiche Maßnahmen beschlossen: Kurzfristige Unterstützungen, wie etwa der Klima- und Antiteuerungsbonus oder die Strompreisbremse, schaffen schnelle Hilfe für die Bevölkerung. Zeitgleich werden mit langfristigen Maßnahmen, wie der lange geforderten Abschaffung der kalten Progression, strukturelle Entlastungen geschaffen. Damit bleibt jedem mehr Netto vom Brutto. Ich bin daher zuversichtlich, was die Herbst- und Winterbuchungen betrifft. Erste Rundfragen bei den Wintersaisonbetrieben zeigen, dass die Buchungslage bei den Stammgästen erfreulich aussieht.
Heikel ist das Thema Energie: keiner weiß, wie sich Preise entwickeln oder ob in Europa ausreichend Gas zur Verfügung stehen wird. Der Wintertourismus, und hier sind Hotellerie, Gastronomie und die Seilbahnwirtschaft (inkl. Skipisten und Beschneiung) zusammengerechnet, hat einen Anteil von weniger als 1 Prozent des österreichischen Energieverbrauchs. Klarerweise wird der gesamte Tourismus aber seinen eigenverantwortlichen Beitrag zum Energiesparen leisten. Viele Investitionen in Energiesparmaßnahmen wurden auch schon in den letzten Jahren getätigt. Im Zeitraum 2008 bis 2019 hat sich laut Statistik Austria zum Beispiel der Energieverbrauch pro Nächtigung bereits fast halbiert. Der Energieverbrauch sank in der Beherbergung von 18,1 kWh pro Nächtigung im Jahr 2008 auf 8,4 kWh im Jahr 2019. Dieser signifikante Rückgang ist sowohl auf steigende Nächtigungszahlen als auch auf einen sinkenden Energieverbrauch zurückzuführen.
Auch beträgt der Anteil an erneuerbaren Energien in Beherbergung und Gastronomie bereits 54 Prozent!
Wichtig ist aber, dass auch Reisende selbst einen Beitrag zum Energiesparen leisten, und dabei zähle ich auch weiter auf Ihre Unterstützung.
Auf welche Weise werden die Regionen in die Arbeit des Staatssekretariats miteinbezogen?
Das System Tourismus Österreich lebt davon, dass der Tourismus in Österreich bis in die kleinsten Regionen und Gemeinden tief verwurzelt ist. Der "Plan T – Masterplan für Tourismus", der 2019 finalisiert wurde, zeigt hier die richtigen Strategien für eine nachhaltige Tourismuszukunft auf, bei welchen es vor allem auch um die richtige Balance zwischen Gästen, Unternehmen, Region und den Menschen geht. Im Staatssekretariat ist es uns allen daher ein besonderes Anliegen, mit unseren Touristikerinnen und Touristikern in allen Bereichen zusammenzuarbeiten. Im Zuge unserer Bundesländer-Touren stehen wir in engem Austausch mit regionalen Tourismusverbänden, den Regionsverantwortlichen sowie den Unternehmen. Das Ziel ist, Tourismusbetriebe, kleine und größere, in der Stadt und am Land, weiterhin auf ihrem Weg Richtung Qualitätstourismus und bei ihren Nachhaltigkeitsstrategien zu begleiten und zu unterstützen. Darin liegt auch der Schlüssel für einen erfolgreichen und zukunftsstarken österreichischen Tourismus.