Interview mit Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler
Ein ausführliches Interview mit Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler zu den Themen: Bilanz der Sommersaison, Treffen der EU-Tourismusministerinnen und -minister auf Mallorca, Medien Forum Zukunft Winter, Oberösterreichischer Tourismustag, Job Changer Event "10.000 Chancen", Verleihung Wiener Tourismuspreis, Hotel Innovation Award
Vor kurzem wurden die Zahlen zur Bilanz der Sommersaison veröffentlicht, die durchaus erfreulich sind. Herausforderungen für die Branche bleiben dennoch – wo liegen diese?
Mit 80,9 Millionen Nächtigungen war es für den österreichischen Tourismus in diesem Jahr ein echter Spitzensommer – der beste Sommer seit es Aufzeichnungen gibt, wie die Statistik Austria schreibt. Wir konnten auch die Zahlen aus dem guten Jahr 2019 nochmals um 2,4 Prozent übertreffen. Das ist natürlich eine wichtige Bestätigung für die hohe Qualität unseres Angebots und dass das Preis-Leistungs-Verhältnis für unsere inländischen, wie ausländischen Gäste passt. Bei Letzteren legten die Nächtigungen im Vergleich zum Vorjahr um weiter 6,5 Prozent zu. Dennoch stand die Branche in diesem Sommer vor einigen Herausforderungen, denn neben der Tatsache, dass die Betriebe auch weiterhin einen immer höheren Mitarbeiterbedarf haben, sind die noch immer ansteigenden Kosten und die hohen Zinsen für etliche nur schwer wirtschaftlich zu bewältigen. In einigen Destinationen, wie Kärnten, kamen auch Unwetterereignisse dazu. Hier werden sich die Urlaubsregionen vermehrt auf wetterbedingte Veränderungen einstellen müssen, um unseren Gästen einen sicheren und unbeschwerten Urlaub bieten zu können. Der Erfolg der Zukunft des Sommertourismus liegt darüber hinaus aber natürlich auch weiterhin in der nachhaltigen Gestaltung unseres österreichischen Tourismusangebots.
Ende Oktober trafen sich die Tourismusministerinnen und Tourismusminister der EU zu einem informellen Rat auf Mallorca. Welche Themen beschäftigen die EU-Tourismuspolitik derzeit?
Vorerst bin ich sehr froh, dass es dieses erste Treffen der Tourismus-Staatssekretäre und -Minister gab, denn bisher hat es keinen strukturierten Austausch zum Tourismus auf EU-Ebene gegeben. Da fast alle EU-Länder an der nachhaltigen Entwicklung und Gestaltung des Tourismus arbeiten, war es wichtig und gut, hier über die jeweiligen Strategien und Lösungen zu diskutieren. Der "Tourism Transition Pathway" und die "Europäische Agenda für den Tourismus 2030" sind zwar die Basis, aber jedes Land hat unterschiedliche Wege zum Ziel. In Österreich haben wir mit unserem 4-Säulen-Modell eine Nachhaltigkeitsstrategie für den in unserem Land so wichtigen Tourismus entwickelt, welche auch bei anderen Mitgliedsstaaten auf großes Interesse stieß. Das zeigt wiederum, wie wichtig ein regelmäßiger Austausch auf dieser Ebene ist. Als Abschluss dieses Treffens gab es die sogenannte "Palma Declaration", mit der die Wichtigkeit des Tourismus als Wirtschaftsfaktor auf EU-Ebene verstärkt anerkannt wird und regelmäßige Treffen der Tourismusministerinnen und -minister und Staatssekretäre vereinbart wurden.
Beim 1. Medien Forum Zukunft Winter in Kaprun wurde über die Zukunft des Wintertourismus diskutiert. Wie wird sich diese gestalten?
Klar war für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, dass wir das Image des Wintertourismus und besonders des Skifahrens, auch mit all seinen Nachhaltigkeitsaktivitäten, stärken und besser kommunizieren wollen. Gerade in den letzten Jahren wurden im Bereich des Skitourismus verstärkt klimaneutrale Wege eingeschlagen, vieles an ressourcenschonender Technologie weiterentwickelt und auch viel investiert. Nachhaltigkeit spielt als Faktor bei der Reiseentscheidung eine immer größere Rolle. Die Zukunft des Wintertourismus liegt damit ganz klar in der nachhaltigen, und hier vor allem der ökologischen Ausgestaltung des touristischen Angebots. Jüngste Studien zeigen, dass der Nachwuchs beim Skifahren gesichert ist. So sind über 45 Prozent der Jugendlichen vom Skifahren als Wintersportart am meisten begeistert. Auch die Aussichten für die kommende Wintersaison stimmen uns positiv: So erwarten wir laut der aktuellen Winterpotentialstudie der Österreich Werbung 20 Millionen potenzielle Gäste, bei denen Zeit, Lust und Geld für einen Winterurlaub ausreichend vorhanden sind.
Am oberösterreichischen Tourismustag wurde die Landes-Tourismusstrategie 2030 präsentiert. Wodurch zeichnet sich diese aus?
Laut den Zielen des Masterplans Tourismus wollen wir als Österreich zu einem der nachhaltigsten Tourismusländer der Welt gehören. Das kann nur gelingen, wenn wir alle vom Tourismus Betroffenen einbinden: von den Tourismusverantwortlichen, über die Unternehmen und deren Mitarbeiter, bis hin zur Bevölkerung und natürlich unseren Gästen. Oberösterreichs Tourismusstrategie 2030 ist hier besonders zukunftsweisend, sie bildet die Perspektiven aller ab. Vor allem durch die Zusammenarbeit mit Fachleuten aus Digitalisierung und Nachhaltigkeit – jenen Bereichen, von denen der Tourismus in Zukunft besonders gefordert sein wird – werden wir eine zukunftsfähige Tourismusentwicklung sicherstellen können. Oberösterreich hat den Weg in diese herausfordernde Tourismuszukunft bereits eingeschlagen und geht diesen konsequent und mutig weiter.
Beim Job Changer Event "10.000 Chancen" wurde unter anderem darüber diskutiert, wie man den Tourismus als Arbeitgeber attraktiver machen kann. Wo sind hier die Stellschrauben?
Von Jänner 2023 bis Oktober 2023 waren im Schnitt jeweils über 220.000 Menschen in Hotellerie und Gastronomie beschäftigt – das sind in jedem Monat dieses Jahres mehr als in den Vergleichsmonaten 2019. So unattraktiv, wie oftmals dargestellt, kann die Branche also nicht sein. Jobs im Tourismus sind eigentlich sehr coole und faszinierende Jobs, man arbeitet in Teams, mit Menschen und hat unmittelbare Erfolgserlebnisse durch zufriedene Gäste. Auf der politischen Ebene arbeiten wir laufend daran, die Rahmenbedingungen zu optimieren. Das beginnt bei den Saisonnierkontingenten oder der neu gestalteten Rot-Weiß-Rot-Karte für qualifizierte Zuwanderung und geht bis hin zu steuerlichen Erleichterungen bei Arbeiten im Alter oder bei Überstunden, sowie der Kinderbetreuungsoffensive von 4,5 Milliarden Euro für die nächsten Jahre. Gleichzeitig brauchen wir aber auch die Betriebe, die sich da und dort in den Bereichen Arbeits- und Führungskultur oder Employer Branding, sowie neue Organisationskultur und Arbeitszeitflexibilisierung intensiv weiterentwickeln – was bei vielen Betrieben heute schon gut und konsequent umgesetzt wird. Nur wenn alle Beteiligten die neue Verantwortung leben, können wir auch in Zukunft sicherstellen, dass der Tourismus ein attraktiver Arbeitgeber bleibt und somit übers ganze Land verteilt weiterhin zum Wohlstand Österreichs beiträgt.
Gäste aus aller Welt schätzen an Wien unter anderem die Sauberkeit in der Stadt. Die MA 48 wurde deshalb mit einem besonderen Preis geehrt.
Dieses Jahr erhielt die MA 48 den Wiener Tourismuspreis. Man fragt sich vielleicht, wo sind die Schnittpunkte zwischen Tourismus und der MA 48? Die MA 48 leistet Besonderes in Wien, wenn es um die Sauberkeit und damit auch das Verständnis von Sicherheit, geht. Die MA 48 ist weltweit beachtet für ihr kreatives Müllmarketing, das wesentlich zum Mitmachen beim Sauberhalten und bei der Mülltrennung aller Menschen in Wien beiträgt. In keiner Stadt der Welt ist nach Großevents wie zum Beispiel dem Silvesterpfad, Stadtmarathon oder großen Sportereignissen so schnell die Sauberkeit wiederhergestellt wie in Wien. Das alles trägt auch wesentlich dazu bei, dass Wien laut jüngsten Umfragen die lebenswerteste Stadt der Welt ist – auch für unsere Gäste. Neun von zehn Besucherinnen und Besuchern empfehlen Wien als Destination weiter und neun von zehn Wienerinnen und Wienern finden den Tourismus positiv für Wien. Wien punktet zusätzlich zum klassischen Städtetourismus vor allem aber auch im internationalen MICE-Bereich als weltweit führende Kongressstadt. Besonders erfreulich ist, dass dabei "Green Meetings" immer mehr zunehmen. Ganz im Sinne des Masterplans Tourismus des Bundes setzt Wien bei seiner Tourismusstrategie auf die soziale, ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit und leistet damit einen wichtigen Beitrag dazu, um Österreich zu einer der nachhaltigsten Destinationen der Welt zu machen. Die MA 48 ist ein wesentlicher Player bei dieser Aufgabe.
Ende November wurde der Hotel Innovation Award verliehen, der im Zeichen von ESG stand. Wer durfte sich dieses Jahr über diesen Preis freuen?
Der Hotel Innovation Award ging dieses Jahr an das Kulturhotellet Højhuset in Dänemark. Es wurde 1961 als Volkschule umgebaut, revitalisiert und punktet vor allem mit seinem biologischen Anbau, als Eventhaus, Restaurant und mit verschiedenen sozialen Aktivitäten. Besonders freut es mich, dass das magdas HOTEL in Wien unter den drei Finalisten war. Es befindet sich in einem ehemaligen Priesterhaus im 3. Wiener Gemeindebezirk, und wurde in ein klimafreundliches Hotel umgebaut. Zudem ist das magdas Teil der Social Business Gruppe der Caritas Wien und hat über 80 Menschen mit Flüchtlingshintergrund ausgebildet und integriert. Es ist damit ein Paradebeispiel für die Umsetzung der Nachhaltigkeit in all ihren drei Dimensionen – sozial, ökologisch und ökonomisch. Die Nominiertenliste mit drei Hotels aus Österreich zeigt außerdem, dass der heimische Tourismus in Sachen Nachhaltigkeit in der oberen Liga mitspielt und wir uns noch intensiver für eine starke Kommunikation unserer Leistungen im Bereich der Nachhaltigkeit engagieren müssen.