Aktuelles aus dem Tourismus
Ein ausführliches Interview mit Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler zu den Themen: Jahresbilanz 2022, Plan T - "Masterplan für Tourismus", Besuch von US-Arbeitsminister Martin Walsh, ÖHV-Kongress 2023 und Tourismus-Studienlehrgang an der Modul University Vienna.
Beginnen wir mit einer kurzen Bilanz und einem kurzen Ausblick: Wie entwickelt sich die Wintersaison und was darf man in der kommenden Sommersaison erwarten?
Der Tourismus hat sich schneller erholt als erwartet und befindet sich wieder auf der Überholspur. Das zeigt, dass die Maßnahmen der Bundesregierung zur Stärkung der Kaufkraft der Bevölkerung und zur Unterstützung der Betriebe funktionieren. Die Befürchtungen von leeren Energiespeichern und stillstehenden Skiliften haben sich nicht bewahrheitet. Der Tourismus ist zu einem Symbol für Stabilität in herausfordernden Zeiten geworden.
Die soeben veröffentlichten Nächtigungszahlen der Statistik Austria für das Jahr 2022 belegen das starke Comeback: Mit 136,93 Mio. Nächtigungen liegt die Branche nur knapp unter dem Vergleichsjahr 2019 (-10,3 Prozent) und zählt trotz Covid-Reisebeschränkungen im Q1 2022 zu den fünf nächtigungsstärksten Jahren. Auch die aktuellste Studie der Österreich Werbung zu den Winter- und Sommerpotenzialen 2023 zeigt, dass Reiselust ungebrochen und Reisebudget vorhanden sind. Drei von vier befragten Personen planen einen Sommerurlaub zu buchen, bei deutschen Urlauberinnen und Urlaubern erwartet man sogar ein Plus von fünf Prozent zum starken Vorjahr.
Was ist der Plan T und welche tourismuspolitischen Schwerpunkte sind für die kommenden zwei Jahre geplant?
Der Plan T - "Masterplan für Tourismus" ist die Grundlage für die österreichische Tourismuspolitik. Dieser Plan setzt die Leitplanken für die zukunftsweisende Weiterentwicklung des Tourismusstandorts Österreich. Um die konsequente Umsetzung des Masterplans zu gewährleisten, haben wir diesen um den Aktionsplan 2023/24 mit allen touristischen Vorhaben ergänzt.
Der Tourismus ist eine Branche, die besonders sensibel auf geopolitische Entwicklungen reagiert. Daher ist es jetzt erforderlich, die zwei wichtigsten Säulen der heimischen Tourismuspolitik auf ein zukunftsfähiges Fundament zu stellen. Das betrifft die Neubesetzung der Österreich Werbung und die Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung bzw. die klare Definition der strategischen Ausrichtung in den zwei wichtigen Bereichen Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Um den Tourismus wettbewerbsfähig zu halten, müssen wir das Bewusstsein für den Tourismus stärken, Kooperationen ausbauen, Digitalisierungschancen nutzen, Nachhaltigkeitsinitiativen fördern und den Arbeitsmarkt sowie touristische Ausbildungsangebote attraktiver gestalten. Nun wurden für die nächsten zwei Jahre, rund um die Ziele des Masterplan Tourismus, alle tourismuspolitischen Aktivitäten geplant. Den gesamten Aktionsplan finden Sie hier: Plan T - Masterplan für den Tourismus (bmaw.gv.at)
Mitte Jänner besuchte US-Arbeitsminister Martin Walsh Österreich, dabei ging es unter anderem um die duale Lehrlingsausbildung. Welche Eindrücke konnten Sie von dem Treffen mitnehmen?
Die duale Lehrlingsausbildung in Österreich hat Goldstandard und ist eine der wichtigen und erfolgreichen Säulen der Fachausbildung junger Menschen in unserem Land. Das zeigt sich unter anderem daran, dass auch die USA Interesse zeigen, dieses Ausbildungsmodell zu übernehmen. Angesichts des erhöhten Arbeitskräftebedarfs wundert es auch nicht, dass die USA die Kooperation mit Österreich weiter intensivieren wollen. Ein dementsprechendes "Memorandum of Understanding" wurde bereits im April letzten Jahres von Bundesminister Martin Kocher und dem State Secretary of Labor, Martin Walsh, unterzeichnet.
Bei einem Besuch im Ausbildungszentrum der Voestalpine konnte sich Arbeitsminister Walsh auch persönlich von der Qualität der Lehrlingsausbildung in Österreich überzeugen. Besonders beeindruckt hat ihn, wie jung die künftigen Fachkräfte in Österreich in eine praktische Berufsausbildung einsteigen. Gerade für die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze in neuen und aufstrebenden Branchen ist die Ausweitung der dualen Lehrlingsausbildung entscheidend, wie Mr. Walsh betonte.
"Veränderung gestalten" hieß das Motto des diesjährigen ÖHV-Kongresses. Wie sieht diese Veränderung aus?
Wir sehen zum einen, dass sich ein gesellschaftlicher Wandel bei den Themen Arbeitsmarkt und Nachhaltigkeit vollzogen hat – darauf gilt es zu reagieren. Beim Arbeitsmarkt sind unter anderem die Betriebe gefragt, bei der Nachhaltigkeit setzen wir seitens des Staatssekretariats mit der Neuausrichtung der gewerblichen Tourismusförderung ein Zeichen.
Zum anderen sehen wir auch, dass die Sehnsucht nach Urlaub konsumfördernde Nachholeffekte für den Tourismus mit sich bringt, wenngleich die Teuerungen diese etwas einbremsen könnten. Dennoch sehe ich fünf Gründe, die uns optimistisch stimmen sollten: Das sind die ungebrochene Reiselust, das gute Image Österreichs als beliebtes und sicheres Urlaubsland, die hohe und dennoch leistbare Qualität und vor allem auch die Erfolge bei der Nachhaltigkeit im österreichischen Tourismus.
Neben einer fachlichen Grundausbildung spielen im Tourismus auch Weiterbildungsmöglichkeiten eine große Rolle. Gibt es hier akademische Angebote?
Der Tourismus bietet eine Vielfalt an Lehrberufen an, die ein wichtiges Fundament für die fachliche Grundausbildung darstellen und vor allem jungen Menschen frühzeitig die Möglichkeit geben, eine hochwertige Fachausbildung zu beginnen.
Darüber hinaus sind Weiterbildungsmöglichkeiten aus vielen Gründen besonders wichtig geworden. Eines dieser Programme ist der Studiengang "Bachelor Professional (BPr)" in Hotel Management an der Modul University Vienna, der auch für Personen ohne Matura aber mit fachlicher Grundausbildung und Berufserfahrung, ein entsprechendes Angebot darstellt. Damit wird bewiesen, dass der Tourismus sowohl als Einstiegs- als auch als Aufstiegsbranche gilt.
Die Vorteile dieses Studiengangs liegen auf der Hand: Berufserfahrung und Qualifikationen werden ohne Matura anerkannt, zudem kann der "Bachelor Professional" berufsbegleitend absolviert werden. Diese berufliche Höherqualifizierung sorgt bei touristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch für neue Karrierechancen, was vor dem Hintergrund des erhöhten Mitarbeiterbedarfs in vielen Tourismusbetrieben besonders wichtig ist.