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Interview mit Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler

Ein ausführliches Interview mit Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler zu den Themen: Aufstockung der Saisonnierkontingente, Abschluss der Wintersaison, Tourismusakzeptanz in Österreich, Österreichischer Tourismustag (ÖTT) und Austrian Travel Business (ATB), Arbeitsbesuch in Brüssel, Prodinger-Summit in Kitzbühel.

Die Sommersaison ist angelaufen und das Thema erhöhter Mitarbeiterbedarf begleitet den Tourismus weiterhin. Hier konnte vor kurzem eine weitere Maßnahme gesetzt werden.

Pressekonferenz aktuelles zum Tourismus
  Foto: ENZO HOLEY

Die Tourismuspolitik hat bereits in der Vergangenheit viele Maßnahmen gesetzt: Von der Reform der Rot-Weiß-Rot-Karte über die Stammsaisonnierregelung und die Änderung des Ausländerbeschäftigungsgesetztes für ukrainische Vertriebene bis hin zur mehrmaligen Aufstockung der Saisonnierkontingente. Diese konnten Ende Mai ein weiteres Mal angepasst werden, und zwar auf insgesamt 4.287 Plätze. Damit können die Saisonspitzen besser abgedeckt werden und die von unseren Gästen erwartete hohe Servicequalität unseres touristischen Angebots besser abgesichert werden. Gleichzeitig kann damit dem stetig steigenden Mitarbeiterbedarf in der Branche gezielt begegnet und so besser zur Entspannung am touristischen Arbeitsmarkt beitragen werden.

Derzeit ist der Anteil der beschäftigten inländischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter erfreulicherweise wieder klar ansteigend, hier vor allem bei den ganzjährig Beschäftigten. Dennoch braucht es für die Hochsaisonen Saisonniers als Abdeckung des Spitzenbedarfs.

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Drittstaaten haben im Februar 2023, am Höhepunkt der Wintersaison, 34,4 Prozent aller ausländischen Beschäftigten in Beherbergung und Gastronomie ausgemacht, wobei Saisonniers inkl. Stammsaisonniers und ukrainisch Vertriebene in Summe 3,9 Prozent aller Beschäftigten ausmachten.

Erfreuliches gibt es auch von der zu Ende gegangenen Wintersaison zu berichten. Wie interpretieren Sie die Zahlen?

Skifahren im Brixental
  Foto: Kitzbüheler Alpen-Brixental/Mirja Geh Photography

Die kürzlich veröffentlichten Nächtigungszahlen der Statistik Austria zeigen, dass Winterurlaub bei unseren Gästen in Österreich uneingeschränkt beliebt ist. Mit 69,3 Millionen Nächtigungen liegen wir nur mehr fünf Prozent hinter der bisher nächtigungsstärksten Wintersaison 2018/19 und belegen damit Platz 3. Das zeigt auch, dass sich der Wintertourismus mittlerweile fast vollständig von der Corona-Pandemie erholt hat.

Die erfreulichen Nächtigungszahlen sind ebenso eine wichtige Bestätigung dafür, was unser Winterangebot ausmacht: Die Kombination aus qualitativ-hochwertigem Wintersportangebot, ein sehr gutes Preis-Leistungs-Verhältnis in Relation zu unserer Konkurrenz und die beliebte österreichische Gastlichkeit. Nicht zuletzt unterstreicht diese positive Bilanz die Bedeutung des Tourismus für den Wirtschaftsstandort und vor allem auch für die Regionen.

Für einen erfolgreichen Tourismus braucht es auch die Akzeptanz in der Bevölkerung. Wie steht es um diese?

Tourismusakzeptanz in Österreich
  Foto: Regina Aigner/BKA

Die Tourismusakzeptanz in Österreich bewegt sich auf konstant hohem Niveau. Während in den Vorjahren jeweils 78 (von 100) Punkte erreicht wurden, belief sich der Wert für das Jahr 2022 auf 76 Punkte. Das zeigt, dass sich die österreichische Bevölkerung der Bedeutung des Tourismus für die regionale Wirtschaft, als Arbeitsplatzmotor und als Nachhaltigkeitstreiber bewusst ist. Diese positiven Effekte gilt es, gemeinsam weiter zu stärken, denn die Tourismusakzeptanz in der einheimischen Bevölkerung ist ein entscheidender Faktor für erfolgreichen Tourismus.

Das Ökosystem Tourismus und die lokale Bevölkerung sind eng miteinander verbunden und profitieren idealerweise voneinander – etwa durch die durch den Tourismus geschaffene Infrastruktur, Freizeitangebote oder Unterhaltungsmöglichkeiten, die allen zur Verfügung stehen. Vielen ist nicht bewusst, dass viele Möglichkeiten der Freizeitgestaltung durch den heimischen Tourismus erst in dieser Form existieren.

Anfang Mai fanden der Österreichische Tourismustag (ÖTT) und die Austrian Travel Business (ATB) im Austria Center Vienna statt. Welche Bilanz ziehen Sie?

Österreichischer Tourismustag
  Foto: Österreich Werbung/Jürg Christandl

Die Tourismushighlights des Jahres, ÖTT und ATB, haben dem Comeback des heimischen Tourismus eine großartige Bühne gegeben. Der ÖTT wartete mit 10 Vorträgen, 30 Speakern und 800 angemeldeten Gästen auf. Während auf der ATB 240 österreichische Ausstellerinnen und Aussteller und 350 internationale Top-Einkäuferinnen und -Einkäufer präsent waren und es 4.300 Vernetzungstermine gab.

Durch das Motto "Nachhaltigkeit als Dauergast" hat man auf ein bedeutendes Zukunftsthema gesetzt, denn sowohl für die Branche selbst als auch für die Buchungsentscheidung der Gäste spielt Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle. Unser Ziel ist es, Österreich mit zu einer der nachhaltigsten Tourismusdestinationen der Welt zu machen. Dazu müssen wir "Green Tourism" auf allen Ebenen konstant weiterentwickeln und auch die Potenziale der Digitalisierung intensiv nützen. Sowohl der ÖTT als auch die ATB leisten dafür einen wichtigen Beitrag.

Nach ÖTT und ATB ging es für Sie zu einem zweitätigen Arbeitsbesuch nach Brüssel. Was stand auf dem Programm?

zweitätiger Arbeitsbesuch in Brüssel
  Foto: BMAW

Am ersten Tag standen einige Arbeitsgespräche mit unseren politischen Vertreterinnen und Vertretern in Brüssel auf dem Plan. Mit Othmar Karas, erster Vizepräsident des EU-Parlaments, sprach ich über die Situation in der EU rund um die Herausforderungen des touristischen Mitarbeiterbedarfs, aber auch über die aktuelle Arbeitsmarktsituation im Tourismus in Österreich.

Im Gespräch mit der ÖVP-Abgeordneten Barbara Thaler ging es um den Verordnungsentwurf für die Kurzzeitvermietungsvorgaben bei Vermietung über Plattformen. Wir brauchen hier eine richtig funktionierende Verordnung, auf die wir unser geplantes Betriebsregister für die Beherbergung in Österreich aufbauen können, um eine perfekte Schnittstelle zu garantieren. Abschließend ging es noch zum österreichischen EU-Botschafter Nikolaus Marschik – hier standen die multiplen Krisen und deren Auswirkungen auf den Tourismus im Zentrum.

Tag zwei stand ganz im Zeichen des European Tourism Day, an dem eine Paneldiskussion zur Resilienz des Tourismus stattfand, bei der ich die österreichische Tourismuspolitik und die Aktivitäten aus dem Masterplan Tourismus als Umsetzungsbeispiele einbringen konnte.

Ganz besonders wichtig war für mich auch der persönliche Austausch mit EU-Binnenmarkt Kommissar Thierry Breton, wo es um die wichtigsten Bereiche im europäischen Tourismus ging, und wie man diesen wettbewerbsfähig und zukunftsfit halten kann.

Beschlossen wurde der Tag mit meiner spanischen Amtskollegin Rosa Ana Morillo, der neuen spanischen Staatssekretärin für Tourismus. Themen waren die Verordnung zur Kurzzeitvermietung und die Evaluierung der Pauschalreiserichtlinie, die unter der spanischen Ratspräsidentschaft ab Juli 2023 finalisiert werden sollen, aber auch wie wir gegenseitig von nationalen Recruiting-Initiativen lernen können.

Unter dem Motto "Erfolgsrezept Ferienhotel – der Sehnsuchtsort der nächsten Generation" fand der Prodinger-Summit in Kitzbühel statt. Wie lautet das Erfolgsrezept?

Prodinger-Summit in Kitzbühel
  Foto: Prodinger Tourismusberatung

Beim Prodinger-Summit diskutierten rund 250 Persönlichkeiten aus Hotellerie, Tourismuswirtschaft, Architektur, Presse und der Immobilienwirtschaft über die Zukunftsthemen der österreichischen Ferienhotellerie. Das österreichische ferientouristische Angebot profitiert aufgrund seiner Beliebtheit in unseren Nahmärkten und seinem traditionell hohen Stammgästeanteil (alleine in Tirol liegt der Stammgästeanteil bei rund 74 Prozent), von einer sehr guten, stabilen Nachfrage.

Der Erfolg der österreichischen Ferienhotellerie liegt sicherlich in der Angebotsvielfalt, die auch am Prodinger-Summit präsentiert und diskutiert wurde. Das betrifft von der Beherbergung an der Schnittstelle zwischen reinen Tourismusbetrieben und neuen semitouristischen Angeboten, wie neuen Wohnformen für Best Ager oder kreative Neo-Hoteliers, auch jegliche Art von alternativen Finanzierungsformen, wie dies mit Buy-to-Let im alpinen Raum mittlerweile immer weiter verbreitet ist.

Der Zukunftserfolg wird aber sicher vor allem davon abhängen, ob wir den Weg in Richtung Nachhaltigkeit, dies sowohl bei den Hotelgebäuden, über die nachhaltig ausgerichtete Betriebsführung, bis hin zu den Angeboten für unsere Gäste gehen. Seitens der Tourismuspolitik unterstützen wir hier auch mit der neu ausgerichteten gewerblichen Tourismusförderung und dem neuen Nachhaltigkeitsbonus, sowie unseren zahlreichen Aktivitäten rund um die Zertifizierung von Destinationen und Betrieben oder den für geförderte Finanzierungen erforderlichen Nachhaltigkeitsindikatoren.