Flexibler, sicherer und gesünder arbeiten
Neuerungen im Arbeitsrecht und Maßnahmen im Arbeitsschutz
Bereits Anfang des Jahres wurde bei der Regierungsklausur die schrittweise Abschaffung der geblockten Altersteilzeit ab 2024 beschlossen. Mitte September hat auch der Sozialausschuss im Parlament dieser wichtigen Strukturreform zugestimmt. „Die geblockte Variante der Altersteilzeit ist insbesondere angesichts des immer größer werdenden Fachkräftebedarfs als versteckte Frühpension nicht mehr zeitgemäß“, erklärt Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher: „Mit jährlich bis zu 100 Millionen Euro stellt sie ein erhebliches Einsparungspotenzial für die Arbeitslosenversicherung dar. Diese Mittel könnten beispielsweise für aktive Arbeitsmarktpolitik wie Qualifizierungsmaßnahmen besser eingesetzt werden. Auch der Wissenstransfer von älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu jüngeren wird erschwert. Deshalb wird die öffentliche Förderung der geblockten Altersteilzeit wie angekündigt bis 2029 schrittweise auslaufen. Stichtag für die Förderhöhe ist dabei der Beginn der Altersteilzeitvereinbarung.“
Die Blockvariante der Altersteilzeit bietet außerdem keine echte Flexibilität für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, da zunächst voll und dann gar nicht mehr gearbeitet wird. 77 Prozent der Personen in Altersteilzeit entscheiden sich auch deshalb bereits jetzt für die kontinuierliche Variante. Diese Form der Altersteilzeit, bei der die Arbeitszeitschwankungen innerhalb eines halben Jahres ausgeglichen werden, bleibt erhalten und wird flexibler.
Die kontinuierliche Altersteilzeit erleichtert das Wissens- und Übergabemanagement und trägt ab dem 62. Lebensjahr zur Anhebung des tatsächlichen Pensionsantrittsalters bei. Durch Maßnahmen wie das Präventionsprogramm fit2work und die Demografie-Beratung fördert das BMAW ältere Personen, die auch in den Zielvorgaben an das AMS als wichtige Zielgruppe definiert wurden.
Einheitliche Regelungen für die Land- und Forstwirtschaft
In Abstimmung mit den Sozialpartnern wurden heuer auch sieben Verordnungen zum Landarbeitsgesetz erstellt und vom BMAW in Begutachtung geschickt. Die Sammelverordnung bringt einheitliche arbeitsrechtliche Regelungen für die Land- und Forstwirtschaft und verbessert die Arbeitsbedingungen für Landarbeiter und Erntehelfer. Davon profitieren 30.000 Landarbeiterinnen und Landarbeiter sowie zahlreiche land- und forstwirtschaftliche Betriebe. Andere Verordnungen, wie jene über biologische Arbeitsstoffe, über explosionsfähige Atmosphären und zu den Sicherheitsvertrauenspersonen entsprechen nunmehr weitgehend den Regelungen für die übrige Wirtschaft, berücksichtigen jedoch die Besonderheiten der Land- und Forstwirtschaft.
Kontrolle und Beratung für mehr Gesundheit am Arbeitsplatz
Ein zentraler Bereich im Arbeitsrecht ist der Arbeitsschutz. Einen bedeutenden Beitrag zur Verbesserung des Arbeitsschutzes leistet die Arbeitsinspektion in Österreich. Alle zwei Jahre muss dem Nationalrat ein Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion vorgelegt werden, heuer wurde der Bericht für die Jahre 2021 und 2022 veröffentlicht. War die Möglichkeit von Betriebsbesuchen im Jahr 2021 aufgrund der Pandemie noch eingeschränkt, so konnten 2022 die Kontrollen und Beratungen vor Ort wieder gesteigert werden. Insgesamt sind die Kontrollen um 18 Prozent von 41.592 im Jahr 2021 auf 49.253 im Jahr 2022 gestiegen. Gleichzeitig konnten auch die Beratungen um fast 40 Prozent von 34.043 im Jahr 2021 auf 47.506 im Jahr 2022 erhöht werden. 2022 wurden 90.288 Übertretungen festgestellt. Das sind im Vergleich zu 58.414 im Jahr 2021 um 54 Prozent mehr. 2022 mussten 1.003 Strafanzeigen erstattet werden, 2021 waren es 883.
Hauptaufgabe der Arbeitsinspektion ist der Gesundheitsschutz von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. Im Jahr 2023 gab es dazu unterschiedliche Schwerpunktthemen wie „Gewalt als Berufsrisiko?“ oder „Sicheres Arbeiten an Fleischwölfen“. Die Fokustage 2023 waren der Prävention von arbeitsbedingten Muskel- und Skeletterkrankungen gewidmet. An vier ausgewählten Tagen führten Arbeitsinspektorinnen und Arbeitsinspektoren in ganz Österreich gezielt Kontrollen und Beratungen zu den spezifischen Belastungsfaktoren (z.B.: ziehen, heben, schieben) durch.
Muskel-Skeletterkrankungen betreffen viele Berufsgruppen in unterschiedlichen Branchen, rund 20 Prozent aller Krankenstandstage in Österreich sind darauf zurückzuführen. Die gesundheitlichen Probleme der Muskeln, Sehnen, Bänder, Knorpel, Gefäße und Nerven oder der Gelenke des Bewegungsapparates schränken nicht nur die Lebensqualität von Betroffenen massiv ein, sie verursachen auch Kosten in Millionenhöhe für Betriebe und die Volkswirtschaft. Dabei könnten gerade Muskel-Skelett-Erkrankungen oft mit einfachen Maßnahmen vermieden oder die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens reduziert werden. Entsprechende Präventionsmaßnahmen sind hier daher besonders wichtig.
Sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung
Auch auf europäischer Ebene ist der Arbeitsschutz ein Thema: Die aktuelle EU-Kampagne für gesunde Arbeitsplätze beschäftigt sich von 2023 bis 2025 mit dem Thema „Sicher und gesund arbeiten in Zeiten der Digitalisierung“. Sie soll für das Thema sensibilisieren und das Bewusstsein für Chancen und Risiken in Zusammenhang mit dem Einsatz digitaler Technologien bei der Arbeit schärfen. Die Kampagne der Europäischen Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) leistet damit einen Beitrag, um neue Gefahren frühzeitig zu erkennen und geeignete Präventionsmaßnahmen zu setzen.
Denn die Digitalisierung hat die Arbeitswelt grundlegend verändert und dabei Unternehmen und Beschäftigten Erleichterungen und Entlastungen in unterschiedlichsten Bereichen gebracht. Sowohl für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer als auch für Betriebe bieten digitale Technologien enorme Chancen, bringen aber unter anderem auch gesundheitliche Herausforderungen und Risiken mit sich. Dabei sind sowohl physische als auch psychische Aspekte der Gesundheit im Fokus. Es gilt daher, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu identifizieren und diese für die Verbesserung der gesundheitlichen Situation arbeitender Menschen bestmöglich zu nutzen.
Neue Kampagne zur fit2work-Personenberatung
Eine wichtige Aufgabe einer zukunftsorientierten und nachhaltigen Arbeitsmarktpolitik ist es, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglichst lange gesund im Erwerbsleben zu halten und Arbeitslosigkeit oder gesundheitsbedingte Frühpensionierungen zu verhindern. Mit dem Beratungsangebot „fit2work“ unterstützt das BMAW seit über zehn Jahren Betriebe, Beschäftigte und von Arbeitslosigkeit bedrohte und arbeitssuchende Personen beim Erhalt von Arbeitsplätzen und der Wiedereingliederung in den Beruf nach längerem Krankenstand.
Nach dem erfolgreichen Launch der österreichweiten Kampagne zur fit2work-Betriebsberatung im vergangenen Jahr wurde die fit2work-Kampagne unter dem Motto „miteinander. besser. arbeiten“ mit einer Schwerpunktsetzung auf das Angebot der fit2work-Personenberatung in diesem Jahr fortgeführt. Um das Angebot der fit2work-Personenberatung noch bekannter zu machen, startete im September eine breit gefächerte Kampagne mit neu entworfenen Sujets zu den Themenbereichen gesundheitliche Einschränkungen am Arbeitsplatz, Langzeitkrankenständen und Frühpensionierungen.